© Basler Zeitung; 18.10.2004, Seite 3
bazkulturmagazin
Theater Basel; Kleine Bühne
Bier im Bärengraben
Guy Krnetas Rhapsodie im Theater Basel
Von Regula Freuler
«Das Leben ist viel zu kurz, um offene Weine zu trinken.» Wenn schon, dann offenes Bier, wie Guy Krnetas kurzweiliges Theaterstück zeigt.
«Die Bären sind los.» Ein träfer Spruch des Berner Stadtmarketings. Doch komplett falsch. Die Berner Bären sind nämlich in einem Loch - verharmlosend «Graben» genannt - gefangen. Dort müssen sie sich einiges gefallen lassen, zum Beispiel mit Karotten beworfen zu werden, ganz zu schweigen von den Sonnenbrillen und Handschuhen, die den Touristen runterfallen. Nein, das Leben als Bär ist kein Zuckerschlecken.
Aber den Menschen ergeht es nicht viel besser. Jedenfalls nicht in Guy Krnetas Rhapsodie «Das Leben ist viel zu kurz, um offene Weine zu trinken». 2003 mit dem Welti-Dramenpreis ausgezeichnet, von der Basler Regisseurin Ursina Greuel im Schlachthaus Bern uraufgeführt, ist das kurzweilige Mundartstück jetzt auf der Kleinen Bühne am Theater Basel zu sehen.
Sensible Schluckspechte. Zwei Männer - einer SVP-Gemeinderat und Drogist aus Hindelbank, der andere Zuger SP-Ex-Nationalrat, jetzt KMU-Berater - und 18 Stangen Bier, das kann ja heiter werden. Wird es tatsächlich. Aus einer Zufallsbekanntschaft in der Hauptstadt entwickelt sich im Laufe einer durchzechten Nacht eine so rührende wie typische Männerfreundschaft. Typisch insofern, als weniger die unterschiedlichen politischen Gesinnungen als vielmehr die Ichbezogenheit und Hilflosigkeit gegenüber Problemthemen betretenes Schweigen verursachen.
So grübelt jeder über die eigenen Schwierigkeiten und findet vom anderen vor allem Verständnis darin, dass es mit den guten alten Werten bachab geht. Der stramm frisierte und Stammtischkrakeelerei-erprobte Louis Wilhelm (Thomas U. Hostettler) hat die Nase voll, sein weniges Geld «näbem Frouegfängnis mit Nagulagg u Watteschtääbli» zu verdienen, will die Schweizer Grenzen dichtmachen und mit einem «schoggolabruune Frölein» ab auf die Insel. Der vor kurzem abgewählte, heimlichfeisse SP-Warmduscher Geri Moos (Herwig Ursin) hingegen lamentiert über die Familientradition, die er nicht erfolgreich fortführen kann, waren doch schon Vater und Grossvater Sozialdemokraten.
Es wird getrunken und gejammert, dass es eine wahre Freude ist zuzuschauen. Ein kleines nationalfolkloristisches Stück, eine Schweizer Rhapsodie im besten Sinne.