© Blick; 05.04.2008; Seite a33
KULTUR
«Fondue-Oper» in Basel
Grüzi, grüzi!
Von Hans Uli von Erlach
Die aus dem grossen Kanton spielen zwar besser Fussball, aber verstehen nichts von Käsesuppe. - Die «Fondue-Oper» ist Musik-Text-Kabarett mit zwei Klavieren.
Fondue verbindet. Und kann anbrennen. Genau wie die Beziehung der fünf Deutschschweizer und Deutschen, die sich in einer Bergbeiz zufällig treffen. Beim Fondue. Ein bissiger Abend der feucht-fröhlichen Unterschiede von Sprache und Mentalitäten.
Die deutsche Kochbuchautorin Astrid («Si köned scho Schwizertütsch rede - ich verschtahs guet!») bestellt sich ein Fondue. Serviertochter Yvonne belehrt: «Fondue gits nur ab zwei Portione.» Ein Grund für den Urs, der an der Bar ein Bier trinkt, sich jovial dazuzusetzen und mitzuessen. Er beharrt darauf, mit ihr hochdeutsch zu reden. Denn er ist der Dorflehrer und zu den Touristen müsse man Sorge tragen. Und Urs bestellt Halbeli um Halbeli vom Fendant.
Auch Alf kriegt sein Fondue. Er ist Yvonnes Freund, aus Darmstadt und auf Besuch beim Schatz. Eigentlich sympathisch, aber halt doch richtig zackig deutsch. Er zügelt mit seinem Caquelon zu den anderen. Obwohl er nichts versteht, wenn sie schweizerdeutsch reden.
Ab jetzt ist der Berner Autor Guy Krneta (44) im Element und bei seinem Lieblingsthema. Virtuos wortspielt er um Missverständnisse und Vorurteile zwischen Hochdeutsch und Dialekt.
Zwei Pianisten untermalen die Szenen mit bildhafter Musik von Till Löffler (39). Oft werden einzelne Wörter, Sätze oder ganze Textpassagen gesungen. Immerhin nennen Krneta und Löffler das Ganze «Oper».
Eigentlich pendelt die Produktion zwischen moderner Operette und Revue, mit anrührenden Songs (der Serviertochter) und scharfzüngigen Couplets (von Astrid und Urs). Mal erinnert sie an Paul Burkhards «Schwarzen Hecht», mal in der Form beinahe an Brecht/Weill. Eine Überraschung jedenfalls im sonst eher avantgardistischen Programm des Gare du Nord, der bei dieser «Matterhorn»-Produktion als Koproduzent auftritt.
Lange ist das Stück doppelbödiges Spiel mit Klischees. Eine Art musikalisches Volkstheater. Bis die Entertainerin Lesley in der Beiz auftaucht, wo sie abends ein Engagement hat. Eine dunkelhäutige Schweizerin mit souliger Stimme und Alphorn. Inzwischen haben Fendant und Kirsch die Zungen gelockert, die Emotionen freigelegt. Auch die Ressentiments und Empfindlichkeiten zwischen den deutschsprachigen Nachbarn. Da bekommt die leichtfüssige «Oper» Momente mit dramatischem Tiefgang.
Und im Caquelon ist das Fondue inzwischen bissig rauchend angebrannt.