© St. Galler Tagblatt; 16.01.2007; Seite 21
Kultur
01-Hauptblatt
Sterchis Bühnenspeise in fünf Akten
Beat Sterchi hat die brillante Satire einer Diner-Party geschrieben. Sein Stück «Nach Addis Abeba» geht nach der Uraufführung in Bern auf Schweizer Reise.
In «Nach Addis Abeba» treffen sich sieben Menschen und tauschen Floskeln, solo, synchron oder im Kanon. Smaller kann Talk nicht sein – aber auch nicht schöner.
Klassische Struktur
Das Publikum der Uraufführung in Bern war begeistert. Denn Regisseurin Ursina Greuel richtet die gekonnt rhythmisierte Banalitätenrhapsodie schmackhaft an. Die Würze steuert Performance-Drummerin Margrit Rieben bei, die auf einem mit Küchenutensilien bestückten Kronleuchter Begleitmusik und Intermezzi spielt.
Auch ein überdimensioniertes Sofa (Ausstattung Catharina Strebel) stützt den Text: Auf ihm sehen die Akteure aus wie Kleinkinder; und kindlich wirken auch ihre mit grossem Ernst repetitiv vorgetragenen, weltbewegenden Einsichten wie jene, dass das Matterhorn und das Leben schön sind und es keine Schlangen gibt in Domodossola.
«Ein Bühnenabendessen in fünf Gängen» lautet der Untertitel. Die klassische Fünfaktigkeit – Begrüssungspalaver, Vorspeise, Hauptspeise, Nachspeise, Abschiedskaffee – gibt dem konzertierten Leerlauf eine zusätzliche ironische Dimension: Die Form ist alles, der Inhalt nichts.
Aus einem Guss
In «Nach Addis Abeba» übertrifft sich «Matterhorn Production» – ein Theaterteam rund um Regisseurin Ursina Greuel und Autor Guy Krneta – selbst: Der Text von Beat Sterchi, der 2003 mit dem Welti-Preis für das Drama ausgezeichnet wurde, erfährt eine elaborierte Wort-, Musik- und Bewegungschoreografie. Mag auch der Erkenntniswert gering sein, ist es doch ein Abend aus einem Guss. Das Stück wird nach Bern auch in Biel, Solothurn, Zürich, Burgdorf, Luzern, Aarau und Birsfelden gespielt. (sda)